Immaterielles Kulturerbe

Spitzenklöppeln in das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen
Das „Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald“ zählt seit Januar 2017 gemeinsam mit 30 weiteren Traditionen und Wissensformen sowie zwei „Gute Praxis-Beispielen“ zum Immateriellen Kulturerbe in Deutschland. Die Kultusministerkonferenz unter der Leitung der Bremer Bildungssenatorin Dr. Claudia Bogedan und die Staatsministerin für Kultur und Medien Prof. Monika Grütters haben dies bestätigt. Damit folgen sie der Empfehlung der Experten der Deutschen UNESCO-Kommission. Erst im November 2016 war das Oberpfälzer Spitzenklöppeln auf die Landesliste Bayern des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Das Schreiben von Prof. Dr. Christoph Wulf, Vorsitzender des Expertenkomitees Immaterielles Kulturerbe, und von Udo Michalik, Generalsekretär der Kultusministerkonferenz mit der Mitteilung der Aufnahme des Spitzenklöppelns auf die Bundesliste löste in Schönesee, Stadlern und Tiefenbach große Freude aus.

Das Expertenkomitee würdigt das Spitzenklöppeln „als textiles Kunsthandwerk mit langer Tradition und identitätsstiftendem Charakter für die Region“ und lobt die Organisation in ehrenamtlichen Gruppen zur kreativen Weitergabe des Wissens und Könnens sowie zur Gewinnung neuer Zielgruppen. Die Vernetzung in Deutschland und Europa wird als positiver Faktor zur Erhaltung der kulturellen Praxis gesehen.

Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters erklärt: „Unser gemeinsames Immaterielles Kulturerbe ist Beleg einer schönen gesellschaftlichen Übereinkunft, in deren Mittelpunkt unser kulturelles Erbe steht. Die Bräuche, Fertigkeiten und Kenntnisse, die mit diesem Erbe oft von Generation zu Generation weitergegeben werden, sind essentieller Teil unserer Identität und unseres Selbstverständnisses. Sie zeigen, wie Tradition und Innovation, Kontinuität und Wandel miteinander verknüpft werden können. Und sie machen deutlich, dass unser Reichtum zu einem großen Teil in unserer Kultur begründet liegt.“ Seit 2003 unterstützt die Kulturorganisation der Vereinten Nationen den Schutz von Traditionen und Bräuchen. Die Beitrittsländer erstellen jeweils nationale Verzeichnisse des Immateriellen Kulturerbes. Zusammen mit den Neuaufnahmen sind in Deutschland jetzt 68 Kulturformen auf der Bundesliste.

In Schönsee, Stadlern (Landkreis Schwandorf) und Tiefenbach (Landkreis Cham) im Oberpfälzer Wald ist das Spitzenklöppeln eine seit dem 19. Jahrhundert von Generation zu Generation weitergegebene Praktik, die bis heute wesentlicher Bestandteil lokaler Identität ist.

Landrat und Bezirkstagspräsident Franz Löffler betont die Rolle des ehrenamtlichen Klöppelkreises: „Seit über 100 Jahren wird im Oberpfälzer Wald die Technik des Spitzenklöppelns durch praktische Ausübung weitergegeben, aber auch das Wissen um die historische Bedeutung dieser Handwerkstechnik überliefert. Es ist das Verdienst der Mitglieder des Klöppelkreises in den vergangenen Jahrzehnten das Spitzenklöppeln vor diesem historischen Hintergrund in eine zeitgemäße Praktik gewandelt zu haben.“

Mit der Gründung der Spitzenklöppelschulen 1901 in Stadlern, 1906 in Schönsee und 1907 in Tiefenbach hatte der Bayerische Staat gezielt diese traditionelle, arbeitsintensive Handwerkstechnik zur Erzeugung handgefertigter Spitzen im Grenzland zu Böhmen gefördert, um der seinerzeit industriefernen und abgelegenen Mittelgebirgsregion einen Erwerbszweig zu erschließen. Ausgehend von den Klöppelschulen entwickelte sich das Spitzenklöppeln zu einem überregional bedeutenden Zweig der Hausindustrie. Die Staatlichen Klöppelschulen sorgten neben der Ausbildung in der Technik auch für den Entwurf zeitgemäßer Musterbriefe, die die Grundlage und das Kapital jeder europäischen Klöppelregion sind. So entstand im Oberpfälzer Wald eine ganz eigenständige Form der Spitze. Der „Klöppelkreis Schönsee – Stadlern – Tiefenbach“ ist heute das Zentrum, von dem die vielfältigen Aktivitäten zur Weitergabe und zum Wandel des Spitzenklöppelns in der Oberpfalz ausgehen.

Der Bayerische Kunst- und Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle kommentierte die Aufnahme von 13 aus Bayern nominierte Traditionen und Handwerkstechniken: „Lebendige Traditionen wie Musik, Tänze, Bräuche, Feste und Handwerkstechniken halten Bayern im Innersten zusammen und prägen unsere Gesellschaft nachhaltig. Kunst und Kultur haben seit jeher einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung. Die zahlreichen Aufnahmen in das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes stellen eine großartige Würdigung der Qualität und außergewöhnlichen Vielfalt der Bayerischen Kulturlandschaft dar.“

Logo immaterielles Kulturerbe

Aus Bayern fanden neben dem Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald Eingang in das Bundesverzeichnis: das Feldgeschworenenwesen in Bayern, die Flechthandwerkstradition, der Georgiritt und historische Schwerttanz zu Traunstein, die Mal-, Fass- und Vergoldetechniken des Kirchenmalers, das historische Festspiel „Der Meistertrunk“ zu Rothenburg o. d. Tauber, die Osingverlosung, das Sennfelder und Gochsheimer Friedensfest, die Tölzer Leonhardifahrt, das Wunsiedler Brunnenfest, der Zwiefache, der Innerstädtische Erwerbsgartenbau in Bamberg sowie das historische Festspiel „Die Kinderzeche“ zu Dinkelsbühl.

Informationen zum Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald findet man ansprechend und informativ präsentiert im Museum Ehem. Klöppelschule Tiefenbach im Gebäude der historischen Klöppelschule. 2017 blickt Tiefenbach mit Ausstellungen auf die Gründung der Klöppelschule vor 110 Jahren zurück.

 

 

Aufnahme in das bayerische Landesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes

Im Rahmen des Verfahrens zur Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes hat die Stadt Schönsee im Oktober 2016 einen Bewerbungsantrag beim Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst eingereicht.

Die Handwerkstradition „Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald“ findet nun Eingang in das Bayerische Landesverzeichnis.

Die Aufnahme verstehen wir als Wertschätzung und Anerkennung für den persönlichen Einsatz im Zusammenhang mit dem Erhalt und der Weitergabe bayerischer Traditionen und Werte. Diese Bemühungen sind Ausdruck gelebter Heimatliebe und Heimatverbundenheit und stellen sicher, dass die einzigartige kulturelle Vielfalt im Freistaat Bayern, besonders in unserer Region des Schönseer Landes, bewahrt wird.

Das Bayerische Landesverzeichnis ist ein wichtiges Instrument, um die Bedeutung lebendiger regionaler Traditionen und Ausdrucksformen noch stärker in den öffentlichen Fokus zu rücken.

Die Aufnahme des „Spitzenklöppelns im Oberpfälzer Wald“ wird im Rahmen eines abendlichen Festaktes im Kaisersaal der Münchner Residenz in feierlicher Atmosphäre erfolgen.

Das Bayerische Landesverzeichnis macht uns auf beeindruckende Art und Weise bewusst, dass unser Reichtum gerade auch in der Vielfalt unserer Kultur begründet liegt, welche unsere bayerische Heimat und Lebensart im Kern ausmacht.

Zukunftspreis

Zum neunten Mal organisierte der Verein die Zukunftspreisvergabe. In diesem Jahr war die Kategorie Kultur an der Reihe. Zur großen Abschlussveranstaltung, die am Donnerstag Abend im repräsentativen ZMS-Saal in Dachelhofen stattfand, hießen Vereinsvorsitzender Alois Hagl und -geschäftsführer Christian Meyer über 150 Besucher aus dem Landkreisgebiet willkommen. Hagl betonte einleitend, dass es dem Verein darum geht, die Attraktivität des Landkreises zu sichern und weiter auszubauen. Dazu wolle er alle verfügbaren Kräfte bündeln und Potenziale ausschöpfen. Mit dem Zukunftspreis möchte er Leistungen würdigen, die den Landkreis positiv beeinflussen und das gute Image nach außen tragen. „Kulturell ist bei uns viel geboten – es lohnt sich wirklich, in diesem Landkreis zu leben“, betonte er in Bezug auf das Thema des Abends.

Landrat Thomas Ebeling freute sich, dass die Preisvergabe im ganzen Landkreis starke Resonanz findet. Die alljährliche Gala sei mittlerweile zu einem Highlight in so manchem Terminkalender geworden.

Nach einem Impulsvortrag der aus Winklarn stammenden Intendantin des Festivals junger Künstler in Bayreuth, Sissy Thammer (Bericht folgt), präsentierte ein Snapshot-Film die 29 eingereichten Bewerbungen und Nominierungen, unter denen eine siebenköpfige Jury die Qual der Wahl hatte. Drei Laudatoren verkündeten schließlich, wer sich in diesem Jahr über einen der begehrten Zukunftspreise freuen durfte.

In der Rubrik „Heimat und Brauch“ ging er an den Klöppelkreis Schönsee-Stadlern-Tiefenbach. Vor einem historischen Hintergrund hat er die Fertigkeit des Spitzenklöppelns zeitgemäß gewandelt. Durch die Belebung und Weiterentwicklung trug er maßgeblich zum Erhalt dieser Kunst in der Oberpfalz bei.